Im Interview für "Job & Karriere" mit Maren Hoffmann
»Wer seine Arbeit liebt, der macht nicht nach vier Tagen Schluss«
Lust auf Leistung beim Sport, beim Ehrenamt – aber zu wenig im Job? Hier sagt der Wirtschaftspsychologe Ingo Hamm, wie wir wieder mehr Freude an der Arbeit gewinnen. Und was eine gute Führungskraft können muss.
Auszug aus dem Interview
SPIEGEL: Herr Hamm, Sie beklagen eine schwindende Lust auf Leistung. Sind wir ein Volk von Faulpelzen?
Hamm: Beileibe nicht. Ich glaube an die Leistungsbereitschaft der Menschen. Man entdeckt viel Passion im Alltag. Jeder will etwas erreichen oder schaffen, und wir bewirken auch viel. Aber die Leistungslust findet leider oft jenseits der Arbeit statt.
SPIEGEL: Wo denn dann?
Hamm: In der Freizeit. Im Sport. Im Ehrenamt. Die Kraft ist da, der Wille auch, und wir bräuchten beides dringend, um die Wirtschaft anzukurbeln, die ökologische Bilanz zu verbessern und die Gesellschaft voranzubringen. Es ist nicht gut, wenn sich unser Ehrgeiz im Privaten erschöpft.
SPIEGEL: Die Zahlen sprechen eine andere Sprache. Abhängig Beschäftigte arbeiteten 2023 in Deutschland rund 55 Milliarden Stunden, das ist der höchste Wert seit der Wiedervereinigung. Und sie leisteten 1,3 Milliarden Überstunden, mehr als die Hälfte unbezahlt.
Hamm: Das ist allerdings auch ein statistischer Effekt – wir haben derzeit ja ein Höchstmaß an Beschäftigung. Der eigentliche Punkt ist jedoch: Wir machen vielleicht viel, aber bewirken wenig. Psychologisch betrachtet sind wir in einer großen Wirksamkeitskrise, vielleicht auch in einer Identitätskrise. Da hilft auch der große Weltrettungsanspruch nicht weiter, den sich etliche Unternehmen plakativ auf die Homepage schreiben. Uns fehlt eine viel grundlegendere Erfahrung: dass wir mit unserer Arbeit konkret etwas bewirken.
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